Steinkreuze
Das Steinkreuz an der Straße zwischen Schnackenhof und Zell liegt seit vielen Jahren schief und tief eingesunken auf einem kleinen Wiesenrücken. Wie es auf dem ehemaligen Wegrain, an dem der Losnitzer Kirchsteig früher in den Fahrweg mündete, daliegt, scheint es noch nie berührt worden zu sein. Mit der Zustimmung des Landesamtes für Denkmalschutz sollte es wieder zur Geltung gebracht werden. Um das Umfeld gut zu dokumentieren, war auch das entsprechende Werkzeug dabei. Natürlich ist klar, dass sich hier nicht zum ersten Mal Menschen mit diesem Steinkreuz beschäftigten.
Der Rehauer Heimatpfleger Hans Bucka bemerkte, dass das Kreuz im Mai 1969 das letzte Mal gehoben worden sei. Diese Feststellung wurde auch durch die ersten Schaufelstiche prompt bestätigt. Der Steinkoloss steht nicht seit Urzeiten an seinem Ort. In seinem Fundament wurde kein Goldschatz gefunden, sondern die verrosteten Bügelverschlüsse vieler Bierflaschen und die dazugehörigen Scherben. Es wurde also damals - vielleicht im Zuge von Straßenbaumaßnahmen - neu gesetzt oder sogar etwas versetzt. Dabei hat man sich aber allerdings nicht allzu viel Gedanken gemacht.
Nach kurzer Zeit sank der Stein wieder. Außerdem nahm die Zahl der Scherben und weggeworfenen Büchsen wie im Umfeld jedes Steinhaufens zu. Verwunderlich ist, dass die älteren Einwohner, die zum Kreuz befragt wurden, über die Arbeiten an der Stelle nichts mehr wussten. Eine mündliche Überlieferung, die in ältere Zeit zurückreicht, ist allerdings bekannt. Christian Böhm aus Großlosnitz erzählte, dass an dieser Stelle einmal zwei weitere, etwas kleinere Kreuze standen.
Wenige Schritte neben dem Kreuz liegt im Boden eine viereckige dicke Granitplatte mit einem Loch in der Mitte. Diese Platte wurde als Sockelstein für eines der beiden kleineren Kreuze gedeutet. Über die Existenz der beiden anderen Kreuze gibt es also nur noch einen ganz schwachen Hinweis. In der Schule haben die alten Dorfbewohner noch erfahren, dass an dieser Stelle einmal eine Frau mit zwei kleinen Kindern vom Blitz erschlagen worden sei. Drei Personen - drei Kreuze. Die Beziehung erscheint logisch.
Doch seit der Herstellung des Steinkreuzes hat sich sehr viel ereignet und Erklärungsmethoden können sich völlig verändert haben. Immerhin stammt der Stein mit den kurzen gedrungenen Kreuzarmen wenigstens aus dem späten Mittelalter, er hat also bereits mehr als 500 Jahre lang Wind und Wetter getrotzt. Beim jetzigen Versuch, das Kreuz zu heben, wollten sich die Helfer besser vom gesamten Umfeld überzeugen. Es zeigte sich sehr schnell, dass der Schaft des Kreuzes so kurz ist, dass er ohne künstliche Hilfe kaum dauerhaft zu gründen sein wird.
Kaum war von der Grasnarbe um das Kreuz etwas breiter abgestochen, da kamen weitere Steinbrocken zum Vorschein: Gneisstücke und Granit. Der Granit steht aber in Schnackenhof nicht mehr an. Je mehr von den Granitbrocken freigelegt wurde, um so deutlicher zeichnete sich ab, dass es sich dabei um bearbeitete Steine handelte. Der erste und größte hat die Form eines Winkels. Also ein Kreuz, dem ein Arm fehlt? Die kleineren Steine weisen zum Teil Bearbeitungsspuren auf. Und zum Schluss, als man die Arbeit schon beenden will, kommt noch ein weiterer großer Granitklotz auf der anderen Seite des Steinkreuzes zum Vorschein.
Bemerkenswert sind die beiden Funde dadurch, dass auf den beiden großen Steinen etwas eingemeißelt ist. Bei der ersten Deutung des Fundes ergibt sich eine Bestätigung für die mündliche Überlieferung. Die ausgegrabenen Stücke gehören zu zwei verschiedenen Kreuzen. Also gab es an dieser Stelle tatsächlich einmal drei Kreuze. Ernüchternd wirkt allerdings die Erkenntnis, das direkt um das alte Steinkreuz herum die anderen Stücke lagen und nicht erkannt oder nicht beachtet wurden.
Zwar gibt es Stadt und Landkreis Hof 35 Kreuzsteine oder Steinkreuze. Aber gleich zwei an einer Stelle neu zu finden, kommt nicht alle Tage vor. Der Fund stellt sich nun folgendermaßen dar: Das zweite große Kreuz ist 110 Zentimeter lang und war ehemals rund 95 Zentimeter breit, besitzt also die Ausmaße des ersten. Es besteht allerdings nur noch aus dem unten etwas breiter werdenden Stamm und dem linken Arm. Der rechte Arm ist schon vor langer Zeit abgebrochen und die Bruchstelle rund abgewittert. Auf der Vorderseite ist ein Kratzwerkzeug, eine Pflugreute oder ein Pechkratzer eingemeißelt. Das dritte Kreuz muss kleiner gewesen sein als die beiden anderen. Zwei Bruchstücke scheinen sich zu ergänzen. Dabei handelt es sich um einen alten abgewitterten Kreuzarm, der möglicherweise erst jung vom Kreuzschaft abgebrochen ist. Sollten die beiden Stücke wirklich zusammengehören, dann besitzt dieses Kreuz eine Länge von rund 90 Zentimetern und eine Breite von 40 Zentimetern. Auf der Vorderseite ist auf dem nach unten stark verbreiterten Schaft ein Haken eingemeißelt, dessen Fortsetzung nach oben wegen der Bruchstelle fehlt.
Über den Winter sind die Fundstücke nun erst einmal aufgehoben und das altbekannte Steinkreuz steht weiterhin am alten Standort. Es wäre jedoch sehr schön, wenn die beiden neuen alten Kreuze im nächsten Jahr im restaurierten Zustand an der ehemaligen Weggabel zwischen dem Losnitzer Kirchsteig und der Straße stehen könnten - sei es als Erinnerungs- oder als Wegzeichen.
Aber auch heute sollte jeder, der am Schnackenhofer Flurdenkmal vorbeikommt, innehalten: Genau am Steinkreuz würde die geplante Variante Mitte der Fichtelgebirgsautobahn die Kreisstraße kreuzen.
Wer auch immer dieses "Denkmal" vor über 500 Jahren dort setzen ließ - es steht an der richtigen Stelle.