Der Haidberg
- ein magneteisenhaltiger Berg
"Das Fichtelgebirge nach vielen Reisen auf demselben beschrieben" von Johann Theodor Benjamin Helfrecht, ehemals Konrektor des Hofer Gymnasiums (erschienen am 30. November 1799)
Bei der Beschreibung der von dem hohen Gebirge auslaufenden Hügel und Berge, werde ich diesem Bezirke den Hayn- (Haide-) Berg zum Mittelpunkt annehmen. Dieser ziemlich hohe Berg steigt aus dem engen Saalthale bey Zelle und aus Niederungen gegen Westen und Norden isoliert empor und liegt ohngefähr 1 1/2 Stunde von Mönchberg. Er ist etwa 1/2 Stunde lang, reicht von Schnackenhof bis Großenau und seine Breite beträgt etwas mehr als halb so viel.
Dem Flecken Zelle kehrt er eine ganz kahle Stelle zu. Von hier aus wird er zur Viehweide gebraucht. Sein Gipfel und sein Rücken sind ebenfalls ganz kahl; nur am Fusse hat man einige Plätze zu Felden und Wiesen angelegt. Auf der nordwestlichen Seite ist er am Fusse mit Nadelholz bewachsen, und dieses Gehölz nennt man den Hain. Gegen Schnackenhof hin trifft man auch etwas Waldung an, welchem man mit dem daran liegenden Laimengruben gleichen Namen gibt.
Auch auf diesem Berge verehrten vormals ohne Zweifel die Wenden eine ihrer Gottheiten; und um etwas Besseres an die Stelle des Götzendienstes zu setzen, bauete man vermutlich bey Gründung des Christentums in diesen Gegenden die Rupprechtscapelle (Im Buch "Zwischen Waldstein und Döbraberg" von Hans Mulzer, Seite 24, ist zu lesen: Auch auf dem Haidberg bei Zell befand sich in alten Zeiten eine Kapelle, St. Otting, genannt, die 1570 noch vorhanden war), welche auf dem nördlichen Abhange des Berges lag. Von dieser sind keine Ruinen übrig; man zeigt blos bey einigen Bäumen und grossen Steinen die Stelle davon, nicht weit von einem Brunnen, den man wegen jenen Götzendienstes den Teufelsbrunnen genannt haben mag. Die vornehmste Gebirgsart ist der Serpentinstein, den man rings um den Berg, zumal bey Schnackenhof, Steinbühl und Grossenau, und auf demselben häufig findet. Ongefähr 300 Schritte unter dem obersten Gipfel gegen Nordwesten hat man einen Bruch von dieser Steinart eröffnet. Er ist theils hell, theils schwarz-grün, bald sehr fest, bald mürbe, nach den verschiedenen Graden seiner Verwitterung. Bey langwieriger Verwitterung löset er sich in ein faseriges und blätteriges Gewebe auf, woran man die Textur des Steins studieren kann. Der Stein wird allmählich blassgrün, weisslicht, hellgrau, dunkelgrau, und nun kommen die Blätter und Fasern, welche in verschiedener Beugung und Krümmung liegen und kleine Feldspatkörner einschliessen, zum Vorschein, zuweilen liegt etwas Asbest an dem Serpentin. Manche Stücke sind auch ganz rein von glasartigen Teilen und diese scheinen mit Untersuchung und Proben zu verdienen, ob man sie nicht zu Gefässen bearbeiten, härten und feinpolieren könne.
Besonders merkwürdig aber ist die Art von magnetischem Serpentin, welcher der Magnetnadel eine andere Richtung gibt. Man nennt ihn Polarstein. Ausserdem erhält der Berg, zumal gegen Zelle hin, Porphyr, eben die Gneisart, welche bei Döhlau nach Oberkotzau hin vorkommt und Sienit, an welchem viele Hornblende ist. Die Aussicht auf diesem berge ist keine der geringsten. Gegen Süden ist sie zwar durch das hohe Gebirge ganz verdeckt; aber auf den anderen Seiten hat sich viele Manchfaltigkeiten.
Viele Flecken, Dörfer und Einzeln findet man in der Niederung um den Berg herum und in mehrerer Ferne liegen, grosse Forsten und einzelne schwarze Streifen von Waldung schliessen Fruchtfelder und Wiesen ein; über einen Zirkel von niedern Hügeln erhebt sich der felsige Weissenstein b. Stammbach, auf welchem man vormals eine Warte hatte. Dort folgt der Blick einige Meilen lang der Bayreuther Strasse bis in eine Vertiefung im nördlichen Prosput, in welcher Hof liegt.
Der Haidberg ist am Rande des Naturraumes Fichtelgebirge mit 697 m ü.NN Höhe ein markanter landschaftlicher Bestandteil der Münchberger Gneismasse. Er besteht aus Serpentinit, einem grünblauen Gestein, das seinen Namen vom lateinischen Wort serpens = Schlange ableitet, weil die Oberfläche der Haut einer Schlange ähnlich ist.
Eine geologische Besonderheit ist der eingelagerte Magnetit, der selbst in kleinen Gesteinsbrocken die Kompassnadel aus ihrer wahren Richtung drängt. Grossansicht in neuem Fenster: KompassDies ist schon dem großen Naturforscher Alexander von Humboldt aufgefallen, der 1797 den Haidberg besuchte. Aus einer Aufzeichnung des Heimatforschers Johann Helfrecht aus dem Jahre 1799 erfahren wir, dass der gesamte Haidberg kahl war und von den umliegenden Bauern als Viehweide genutzt wurde.
Auch die Zeller Flurkarte von 1857 weist den Haidberg noch als unbewaldete Fläche aus. Erst um die Jahrhundertwende bewaldete sich durch die zurück gehende Beweidung der Bergrücken nach und nach mit Kiefer und Fichte. Es blieben jedoch bis heute größere Freiflächen erhalten, die man wegen ihres spärlichen Wuchses und ihrer Flachgründigkeit Magerrasen nennt. Magerrasenstandorte auf Serpentinit stellen in Deutschland eine ausgesprochene botanische Seltenheit dar und sind zu schützen und zu erhalten. Zur weiteren Entwicklung wurde in den letzten Jahren der gesamte Südhang stark aufgelichtet und beweidet. Hiermit wird die seltene Artenkombination aus Pflanzen gefördert, die auf trockenen, nährstoffarmen und saueren Böden ihr Vorkommen haben. Durch die Freistellungen blühen am Haidberg wieder lichtbedürftige Pflanzenarten wie Heidekraut und Schneeheide, der seltene Zwergbuchs oder die Rote-Liste-Art Arnika.
Grossansicht in neuem Fenster: HaidbergDer sich nach Osten anschließende 1983 stillgelegte Serpentinit-Steinbruch wird als bedeutender geologischer Aufschluss erhalten. Durch den Gesteinsabbau entstand hier ein wertvoller Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten, die an trockene und warme Standorte gebunden sind. Das Steinbruchgelände ist für Besucher nicht zugänglich, da felsbrütende Vogelarten und selten gewordene Reptilien hier ihr Rückzugsgebiet finden.